Dr. Christian Belgardt
Präsident der Apothekerkammer Berlin

Dr. Christian Belgardt

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in diesem Jahr wird Berlin 776 Jahre und unser Beruf Apotheker bereits 782 . Da scheinen 50 Jahre eher ein kurzer Zeitraum. Und doch hat sich unser Beruf in den letzten 50 Jahren mehr verändert als in den 700 Jahren zuvor.

Apotheker waren schon immer und werden immer die Spezialisten für Arzneimittel sein. Arzneimittel sind für mich eine Kombination aus Chemie und Information  durch Apothekerinnen und Apotheker. Apothekerinnen sind es in nennenswerter Zahl in den letzten 50 Jahren geworden und dominieren mittlerweile das Gesicht unseres Berufes.

Die ersten 700 Jahre bestand die Information vor allem darin, die Arzneimittel richtig herzustellen und nur zu einem geringeren Teil darin, den Patienten mit der Information über die richtige Anwendung zu versorgen. Dabei ist für mich klar, dass die physische Arzneimittelpackung und die Information untrennbar zusammengehören, auch wenn manche Geschäftsmodelle und Hotlines so verführerisch für Effizienztheoretiker die Trennung von Arzneimittel und Beratung propagieren.

Auch Apothekerinnen und Apotheker, die außerhalb der niedergelassenen Apotheke tätig sind, wie in der pharmazeutischen Herstellung oder als Beratungsapotheker bei einer KV und bei Krankenkassen, bilden die Klammer von Arzneimittel und Beratung. Denn erst durch ihre ganzheitliche Ausbildung, auch im Umgang mit Patienten, können z.B. Beratungsapotheker einen pharmazeutischen und pharmakoökonomischen Wert für die Gesellschaft bieten - einfache Kostenanalysen könnte auch ein Buchhalter anstellen.

Mit der Industrialisierung und den Fortschritten in Chemie und Pharmakologie trat für die Mehrheit  unserer Kolleginnen und Kollegen die Information über die Arzneimittelherstellung zunehmend in den Hintergrund. Eigentlich erstaunlich lange, nämlich mehr als 50 Jahre hat der Berufsstand für die Erkenntnis gebraucht, wie wichtig der patientenbezogene Teil der Information ist. In diesem Zeitraum war das Selbstverständnis der Arzneimittel produzierenden Apotheker immer mehr erodiert und nur dank der prosperierenden Nachkriegswirtschaft konnte diese Sinnkrise mit nie da gewesenem wirtschaftlichen Erfolg der Apotheken überdeckt werden.

Mittlerweile hat der Berufsstand beginnend mit den ABDA-Thesen in den 90er Jahren das Berufsbild im Schwerpunkt in der Apotheke definiert. Die Novelle der Approbationsordnung hat in den 90er Jahren erste Voraussetzungen in der Ausbildung des Berufsnachwuchses für diesen neuen Fokus unseres Berufes gesetzt. Die neue Apothekenbetriebsordnung setzt ebenfalls, bei aller Kritik, auf die niedergelassene Apotheke als heilberuflicher pharmazeutischer Begleiter des Patienten.

Die Apothekerkammer Berlin hat seit den 90er Jahren ihre Arbeit ebenfalls konsequent auf dieses neue Berufsbild ausgerichtet. Der manchmal emotionalen Kommunikation mit den verordnenden Ärzten vor Ort wurde durch den Arbeitskreis Arzt/Apotheker auf Kammerebene ein rationaler Kontrapunkt gesetzt. Die Arzneimittelinformationsstelle (AMiD) und die Mitgliedschaft in AMINO bringt auch bei schwierigen pharmazeutischen Fragen Klarheit. Die Berliner Kammer hat das Pseudo Customer-Modell und die Ringversuche mit entwickelt, durch die in kollegialer Atmosphäre eine Verbesserung der pharmazeutischen Leistungen erreicht werden. Frühzeitig haben sich engagierte Kolleginnen und Kollegen im Ehrenamt der Herausforderung von QMS gestellt. Dadurch hatte die Kammer die Kompetenz, sehr effektiv Fortbildungen zum QM nach der neuen Apothekenbetriebsordnung anzubieten. Bevor das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit im Fokus der Politik war, hat die Kammer eine Projektstelle zu diesem Thema geschaffen und im Ergebnis Qualitätszirkel etabliert. Mit der Zertifizierten Kompetenzerhaltung (CPK) und dem Zertifikat bei Erreichung der erforderlichen Fortbildungspunkte wurde die Grundlage geschaffen, qualitätsgesichert die kontinuierliche Fortbildung unseres Berufsstandes zu ermöglichen.

Somit ist die Zukunft unseres Berufes für die Mehrheit der Berufsangehörigen definiert. Anders als früher sehen sich die Institution niedergelassene Apotheke und die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen aber einem nie dagewesenen Verteilungskampf ausgesetzt. Nur wenn die Gesellschaft vom Nutzen unseres Berufsbildes überzeugt ist, werden wir auch 100 Jahre AKB feiern können.

Damit ist auch der Schwerpunkt der Tätigkeit und der Sinn einer Apothekerkammer im 51. Lebensjahr klar definiert: Nach innen muss die Kammer mit an den Voraussetzungen arbeiten, damit der Berufsstand über die Professionalität verfügt, den Vertrag mit der Gesellschaft und die übernommene Verpflichtung zu erfüllen, die Arzneimittelversorgung sicherzustellen.

Nach außen muss die Kammer den Diskurs mit der Gesellschaft führen, welche Aufgaben unserer Berufsstand hat und welche Ressourcen dafür notwendig sind und bereitgestellt werden.

Kammer sind alle Mitglieder und nicht nur die gewählten Vertreter. Jeder von uns steht in der Verantwortung. Ich finde es lohnt sich, denn auch nach mehr als 25 Jahren im Beruf bereue ich nicht, ihn ergriffen zu haben.

 

Ihr

Dr. Christian Belgardt
Präsident der Apothekerkammer Berlin